11. September 2024

Neuzugänge im Archiv: Material von Dingo Pictures, plonsker media, Peter Mißbach, Familie Lau

Viele Kartons, Kisten und Koffer mit Dingo-Pictures-Materialien im DIAF-Lager. ©DIAF/Tröger
Viele Kartons, Kisten und Koffer mit Dingo-Pictures-Materialien im DIAF-Lager. ©DIAF/Tröger

Im Frühjahr und Sommer konnte das Archiv des DIAF mehrere Vor- und Nachlässe annehmen – zu unserer großen Freude aus verschiedenen Zeiträumen und sowohl von Filmemachern, die im Westteil Deutschlands ansässig waren oder sind, als auch von früheren DEFA-Mitarbeitenden.

Dingo Pictures

Dingo Pictures wurde in den 1990er und 2000er Jahren als Produzent von Mockbustern bekannt. Der Musiker Ludwig Ickert (1944–2019) und die Schriftstellerin Roswitha Haas (1940–2015) hatten die Firma 1992 unter dem Namen Media Concept im hessischen Friedrichsdorf bei Frankfurt (Main) gegründet. Bis 2005 produzierten sie mit Erfolg Animationsfilme, die auf stark vereinfachte Weise bekannte Werke – in diesem Fall von Walt Disney – kopierten bzw. nachempfanden. So erschien beispielsweise 1994 Der König der Tiere als „Variante“ von Der König der Löwen oder Tarzan: Der Herr des Dschungels im Jahr 1999 als Tarzan-Kopie. Bemerkenswert ist die Produktionsschnelligkeit von Dingo Pictures: Die Kopien kamen meist kurz nach Erscheinen des Originals heraus, oft noch im gleichen Jahr. Die Produktionen wurden auf VHS-Kassetten vertrieben, etliche auch für Videospielkonsolen wie PlayStation oder Nintendo. Die Erben schenkten den Nachlass an das DIAF. Er umfasst unter anderem Studiotechnik, Hintergründe, Datenträger und Dokumente.

Plonsker media gmbh

Thomas Plonsker gestaltete Arbeitsschutzfilme mit "Schiebeanimationen". Hier einige ausgeschnittene Motive. ©DIAF/Tröger

Thomas Plonsker gestaltete Arbeitsschutzfilme mit “Schiebeanimationen”. Hier einige ausgeschnittene Motive. ©DIAF/Tröger

Die Skizze zeigt, wie die ausgeschnittenen Figuren und Motive (rechts oben) ins Bild geschoben wurden. ©DIAF/Tröger

Die Skizze zeigt, wie die ausgeschnittenen Figuren und Motive (rechts oben) ins Bild geschoben wurden. ©DIAF/Tröger

Thomas Plonsker, aufgewachsen in West-Berlin und heute im rheinland-pfälzischen Landau zu Hause, kam über medienpädagogische Arbeit zum Film und gründete 1998 seine eigene Produktionsfirma. In seiner Arbeit spezialisierte sich Plonsker von Anfang an auf den Themenbereich „Arbeitssicherheit“. Um 2010 herum begann der studierte Soziologe und Psychologe, im Auftrag von Berufsgenossenschaften und Unternehmen didaktische 2D-Animationsfilme zu produzieren, zunächst vorwiegend für junge Auszubildende, später dann für Beschäftigte jeden Alters. Er nutzte dafür die „Schiebeanimation“, bei der die Hand des Animators im Filmbild sichtbar ist. Für die Gestaltung der Motive und Illustrationen zeichnete fast immer der Grafiker Dieter Hermenau verantwortlich. Die allesamt digital produzierten Streifen wurden auf nationalen und internationalen Wettbewerben ausgezeichnet. 2022 gab Thomas Plonsker seine Produktionsräumlichkeiten auf und arbeitet seitdem nur noch allein und mit deutlich reduziertem Zeitaufwand.

Neben Tausenden ausgeschnittenen Motiven zu 50 Schiebeanimations-Filmen sowie Drehbüchern, Storyboards, Skizzen, Filmen, Urkunden und Preisen hat Thomas Plonsker u. a. auch seinen Tricktisch zu uns gegeben, der aus einem professionellen Linhoff-Stativ mit selbstgebautem Untertisch inkl. Beleuchtungsanlage besteht.

Peter Mißbach

Die von Peter Mißbach geschenkten Zeichenfolien bilden ein breites Filmspektrum ab: Die Panne (o. l.), Mausi und Kilo (u. l.), Herzdame (Mitte), Die Schatzinsel (r.). ©DIAF/Tröger

Die von Peter Mißbach geschenkten Zeichenfolien bilden ein breites Filmspektrum ab: Die Panne (o. l.), Mausi und Kilo (u. l.), Herzdame (Mitte), Die Schatzinsel (r.). ©DIAF/Tröger

Gut 20 Jahre vor Plonsker und Dingo Pictures begann in Dresden die filmische Laufbahn von Peter Mißbach. Der ausgebildete Buchbinder kam Mitte der 1970er Jahre ins DEFA-Studio für Trickfilme, um ein Volontariat zu absolvieren. Auf diese Weise stiegen, betreut vom renommierten Regisseur Otto Sacher, auch Klaus Büttner, Andreas Hegewald und weitere junge Leute in die Zeichentrickbranche ein. Es folgte ein Grafikdesign-Studium an der Fachschule für Werbung und Gestaltung in Berlin-Schöneweide. Mit dem Abschluss in der Tasche kehrte Peter Mißbach ins Trickfilmstudio zurück und arbeitete bis 1991 als Regisseur und als Animator, u. a. für Klaus Georgi. Nach der Abwicklung des Dresdner Studios verdingte er sich eine Zeitlang als Grafiker am Theater Junge Generation Dresden und absolvierte Mitte der 90er Jahre einen Modellstudiengang Kunsttherapie an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Als Kunsttherapeut war Mißbach dann in verschiedenen Kliniken und Instituten tätig.

Im Sommer wurde gern mal draußen gearbeitet. Hier Ellen Herrmann (l.), Peter Mißbach (2. v. l.) und Lutz Stützner (r.). ©DIAF

Im Sommer wurde gern mal draußen gearbeitet. Hier Ellen Herrmann (l.), Peter Mißbach (2. v. l.) und Lutz Stützner (r.). ©DIAF

Neben Fotos, Dokumenten und dem mobilen hölzernen Zeichenpult von Helmut Barkowsky erhielt das DIAF von Peter Mißbach Dutzende – oder gar Hunderte – Zeichenfolien aus verschiedenen Filmen von Klaus Georgi, Lutz Stützner, Otto Sacher und Lothar Barke sowie der geplanten Zeichentrick-/Real-Serie Unterwegs mit Katko von Bernd Felgentreff, von der nur die erste Folge realisiert wurde, in der ein neugieriger blauer Kater die Messestadt Leipzig erkundet. Freuen durften wir uns zudem über vier Animationsfiguren aus Filmen, zu denen wir bislang kaum Material hatten: Zauberer, Kraftakrobat und Direktor aus Zirkuskatze Puck von Monika Anderson (1968) sowie den dicken Zimmerergesellen aus Günter Rätz‘ 1967er Produktion Die drei Wünsche – er ist nun in unserer Mini-Ausstellung zu Ehren des im Mai verstorbenen Regisseurs zu sehen. Die vier Puppen wurden bei verschiedenen Tagen der offenen Tür im Trickfilmstudio gezeigt.

Familie Lau

Manfred Lau. ©DIAF/Nachlass Lau

Manfred Lau. ©DIAF/Nachlass Lau

Bettina Lau-Lange gab im Frühling ebenfalls ein Konvolut historischer Materialien ins DIAF-Archiv, darunter Arbeitsverträge ihrer Eltern, Glückwunschkarten, Werbematerialien, Silhouetten und Zeichnungen. Die gesamte Familie Lau war im Dresdner Trickfilmstudio beschäftigt: Bereits seit Ende der 1950er Jahre arbeitete Vater Manfred (1929–1979) zunächst als Kameraassistent im Zeichentrick und bald als vielbeschäftigter Animator, u. a. für Der arme Müllerbursch und das Kätzchen und die Serien Familie Fröhlich, Vater und Röschens Abenteuer. Nebenberuflich war der gelernte Keramikmaler offenbar auch als Zeichner und Animator für private (Werbe-)Filmproduzenten wie Heinz Busch (Technikfilm Dresden) und Gert Heimrich (Berlin) tätig. Das legen die überlieferten Dokumente nahe.

Aus dem Nachlass von Christa und Manfred Lau: Arbeitsverträge, Grußkarten, Silhouettenfigur, Werbematerial. ©DIAF/Tröger

Aus dem Nachlass von Christa und Manfred Lau: Arbeitsverträge, Grußkarten, Silhouettenfigur, Werbematerial. ©DIAF/Tröger

Nach Manfred Laus frühem Tod stieg seine Ehefrau Christa als „Gestalter-Assistentin“ (Psaligrafin) im Flach-/Silhouettentrick ein, später wechselte sie in den Bereich Puppenbau. Christa Lau hatte wie ihr Mann beim Steingutwerk/Sanitärkeramik (ehemals Villeroy & Boch) in Dresden gelernt. Tochter Bettina, aufgewachsen als „Trickfilmkind“, kolorierte bereits als Schülerin in den Ferien Zeichenfolien und studierte dann von 1986 bis 89 Animation an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ Potsdam-Babelsberg, u. a. gemeinsam mit Gabor Steisinger und Jan Suski. Im Dresdner Studio verantwortete sie beispielsweise die Animation für Marion Rasche Der lange Weg (1990) und Thomas Langes Der Mond im Baum (1991). Außerdem wirkte sie an der Kolorierung des Weihnachtsmärchens mit (offizieller Titel: Die Hexe und der Weihnachtsmann), das als allerletzte Produktion nach der Studioabwicklung fertiggestellt wurde.