Frischluft in der Filmkühlzelle – mit nachhaltiger Technik
Seit 1. Juli ist die DIAF-Kühlzelle im Untergeschoss der Technischen Sammlungen Dresden durch eine Lüftung ergänzt. Das Besondere an der neuen Anlage ist die Nutzung der Umweltbedingungen für die Archivzwecke.
Bei einem Luftaustausch in konditionierten Räumen ist es wichtig, dass die frisch eingebrachte Luft die Klimawerte weitestgehend unverändert lässt, also die Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Raum nicht unbeabsichtigt erhöht oder abgesenkt werden, damit die Archivalien unbeschädigt bleiben. Deshalb muss die eingebrachte Luft gekühlt bzw. erwärmt sowie be- oder entfeuchtet werden. Die dafür nötigen Aggregate sind äußerst kostenintensiv, reparaturanfällig und verbrauchen eine Menge Energie.
Äußere Umgebung liefert Luft mit passenden Klimawerten
Aus diesem Grund beschreitet das DIAF einen anderen Weg und greift dabei einen aktuellen Trend in der Archivarbeit auf, bei dem die äußeren Umweltbedingungen für die Bedürfnisse des Archivs genutzt werden: Die Lüftungsanlage ist so konstruiert, dass nur dann ein Luftaustausch stattfindet, wenn die äußeren Bedingungen denen des Kühlzelleninneren annähernd entsprechen. Hierfür wird mit Sensoren sowohl die Luftfeuchte als auch die Temperatur im Außenbereich gemessen und mit den festgelegten Toleranzbereichen abgeglichen. Wenn beide Werte in diesem Rahmen liegen, öffnen sich Verschlussklappen und ein Ventilator beginnt, frische Luft von außen in den Kühlraum zu blasen.
Der Lüftungszyklus ist auf maximal zwei Stunden pro Tag limitiert, denn das Austauschvolumen des Ventilators pro Stunde entspricht dem Raumvolumen der Kühlzelle. So wird binnen 120 Minuten die Luft im Inneren der Kühlzelle zwei Mal ausgetauscht. Sollten die Klimawerte in diesem Zeitraum den Toleranzbereich verlassen, beendet die Anlage den Lüftungsvorgang sofort.
Naturgemäß eignet sich eine solche Anlage ausschließlich dort, wo es wichtiger ist, die klimatischen Bedingungen zu erhalten als ein bestimmtes Austauschvolumen zu erreichen. Hier spielt dem DIAF seine geografische Lage in die Hände: Die Klimawerte in Deutschland lassen einen nahezu ganzjährigen Einsatz der Anlage zu, lediglich in den Sommermonaten wird es der Erwartung nach keinen nennenswerten Luftaustausch geben. Anhand eines Laufzeitmessers können die Lüftungszeiten nachverfolgt werden. Das DIAF wird im ersten Jahr die Einsätze dokumentieren, um Erfahrungswerte für die eigene und für die Arbeit anderer Archive zu sammeln.
Trend: Nachhaltige Technologie
Der Trend, die Umgebungskonditionen für Archivzwecke zu nutzen, hat zwei wesentliche Vorteile: Zum einen besitzt Frischluft eine besondere Qualität gegenüber Raumluft, denn es wird vermieden, dass Ausdünstungen aus anderen Räumen eingetragen werden.
Zum anderen ist die Technologie bedeutend umweltfreundlicher, nachhaltiger und sparsamer – letzteres nicht nur mit Blick auf die Energie-, sondern auch die Instandhaltungskosten: Die kleinteilige Konstruktion, die auf ein zentrales Aggregat verzichtet, erleichtert die Wartung und ermöglicht einen einfachen und kostengünstigen Austausch einzelner Elemente, sollte doch einmal ein irreparabler Defekt auftreten.
Das ist vor allem von Bedeutung, weil das DIAF maßgeblich von Fördermitteln abhängt und im Reparaturfall einzelne Komponenten mit Mitteln aus dem laufenden Haushalt kurzfristig ersetzen kann.
Warum eine Lüftung?
Bisher wurden die Ausdünstungen der Archivalien in der rund 20 Jahre alten Kühlzelle nur durch gelegentliches Öffnen der Tür in die Magazinräume des Archivs abgeführt. Besonders kritisch ist dabei die Belastung der Luft mit Essigsäure, die beim Zerfall von Filmmaterial aus Celluloseacetat entsteht. Diese säurehaltige Luft muss abgeführt werden, um zu verhindern, dass der sogenannte autokatalytische Punkt erreicht wird, bei dem die ausgetretene Essigsäure das Filmmaterial zusätzlich angreift. Außerdem könnte die Essigsäure die anderen in der Kühlzelle lagernden Archivalien schädigen, etwa wertvolle Animationspuppen, Requisiten und Fotobestände.
Entwickelt und gebaut hat die neue Lüftungsanlage das Ingenieurbüro JRP Engineering von Dr. Julius Roch in Dresden.
Finanziell unterstützt wurde die Maßnahme durch eine investive Förderung der Landeshauptstadt Dresden sowie des Sächsischen Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Tourismus aus Mitteln des vom Landtag verabschiedeten Haushalts.